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Datenschutz im Minenfeld Social Media

Nina Kill M. Sc.

Veröffentlicht am 12.01.2015 von Nina Kill M. Sc.

Von den vielen Medien, die wir nutzen, ist es das jüngste – und dennoch hat es sich bei vielen im Alltag schon so fest etabliert, dass man sich nicht mehr wirklich an die Zeit davor erinnern kann. Der Blick in den Facebook-Account oder ein anderes privates – berufliches soziales Netzwerk gehört für viele dazu wie die tägliche Tasse Kaffee.

Siegeszug durch das Marketing?

Verständlicherweise möchten Unternehmen gerne dort sein, wo auch ihre Kunden sind. Treiber der Präsenz in sozialen Netzwerken ist eindeutig die externe Unternehmenskommunikation. Laut einer Studie der BITKOM setzten ¾ der Social Media nutzenden Unternehmen diese ein, um ihre Werbung zu unterstützen . Erstaunlich: ausgerechnet die Bereiche Kundenservice/-support und Vertrieb – die Bereiche, denen Social Media wie kein anderes Medium wie kein anderes die Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme und zum unverfälschten Feedback bietet, liegen mit 36% respektive 30% bei der Nutzung eher im Mittelfeld. Und die wenigsten Unternehmen – gerade einmal 10% – verfolgen ein professionelles Monitoring.

Vielleicht liegt es noch an den vielen Unsicherheiten, mit denen sich die Entscheider in Vertrieb und Service konfrontiert sehen. Wer sich in sozialen Medien bewegt und zurechtfinden will, sieht sich einer Vielzahl von Gesetzen und Urteilen ausgesetzt. Auch schwer zu kalkulierende Risiken machen die Entscheidung nicht leichter: faktisch kann in sozialen Netzwerken jeder Inhalt publizieren und Meinungen äußern, negative Wertungen, die aus einer persönlichen Erfahrung stammen, sind widerspruchslos öffentlich und werden mit einem nicht kalkulierbaren Multiplikator Effekt von ein großem und weitgehend unbekannten Publikum wahrgenommen und kommentiert.

Viele offene Fragen

Unsicherheit und diffuse Bedenken werfen eine Vielzahl von Fragen auf, denen wir in unserem Beratungsalltag begegnen:

Dürfen wir die zahlreichen Informationen, die Kunden in sozialen Netzwerken über ihre Person und ihre Interessen hinterlassen, zur besseren Ansprache nutzen?

Dürfen wir in bei einem Kunden, der seine Rechnung nicht bezahlt hat und unbekannt verzogen ist, über soziale Netzwerke den Aufenthaltsort recherchieren?

Sind wir verantwortlich für die Inhalte, die in einem Blog, der in Namen unseres Unternehmens geführt wird, verantwortlich, ggf. für Rechtsverletzungen der Nutzer?

Wie können wir gegen schlechte Kritik vorgehen?

Was müssen wir uns bieten lassen?

Präsenz auf Facebook & Co.

Eigentlich ist es nicht so kompliziert. Für Ihre erfolgreiche Kundenkommunikation via Social Media gelten die gleichen Gesetze und damit die gleichen Anforderungen wie bei den anderen Kommunikationsmitteln auch. Die Impressumspflicht, die auch in sozialen Medien gilt, dürfte hinlänglich bekannt sein, ebenso, dass kommerzielle Kommunikation klar als solche zu erkennen sein muss. Dies gilt auch für Gewinnspiele, die sich gerade im Bereich Social Media zum beliebtesten Medium der Kundenbindung entwickelt haben.

Hier müssen auch die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich, klar und unzweideutig angegeben werden. Besonders wichtig bei sozialen Medien mit schwer kalkulierbaren Multiplikatoreffekt:

der Teilnehmer muss sich mit der Veröffentlichung seines Namens einverstanden erklären! Beachten sollten Unternehmen neben den gesetzlichen Vorlagen auch die Hausregeln der Social-Media-Plattformen für Gewinnspiele – wie z.B. die „Richtlinien für Promotions“ von Facebook. So musste in der Vergangenheit der Seitenbetreiber zwingend auf eine Gewinnspiel-App zurückgreifen. Dies ist nicht mehr notwendig, jedoch dürfen Nutzer nicht explizit aufgefordert werden, Inhalte zu teilen, um am Gewinnspiel teilzunehmen oder dazu aufgefordert werden, sich oder ihre Freunde auf einem Foto zu markieren, um an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Zudem muss deutlich gemacht werden, dass Facebook nicht an dem Gewinnspiel beteiligt ist.

Die zarteste Versuchung …

…seit es Direktmarketing gibt … so mag die Fülle an persönlichen Daten, die Nutzer freiwillig ins Netzt stellen, anmuten. Auch die anschließende Nutzung der Teilnehmerdaten bei einem Gewinnspiel für weitere Direktmarketingaktionen ist recht verlockend. Nach den vorherigen Ausführungen verwundert es nicht weiter, dass die Nutzung des „Datenparadieses“ den gleichen Richtlinien unterworfen sind wie Direktmarketingaktionen auch. Gemäß der Definition der europäischen Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation gilt die Regelung für jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton-, oder Bildnachricht. Damit unterliegen auch über soziale Medien verschickte Werbebotschaften dem §7 Abs. 2 Nr. 3 UWG und dürfen nicht ohne explizite Einwilligung des Adressaten verschickt werden.

Liegt diese Einwilligung vor, muss eine Werbenachricht via soziale Medien alle Kriterien erfüllen, die kommerzielle Absicht und der Absender der Nachricht dürfen nicht verschleiert werden, Impressumspflicht gilt auch hier. Gleichzeitig regelt das BDSG, dass eine Datenverarbeitung personenbezogener Daten – wie eine Nutzung von Adressen, E-Mail, Hobbies zur Kundenakquise, an die Einwilligung des betroffenen geknüpft ist.

Nicht zu Unrecht stellen sich Entscheider in Contact-Center die Frage, der ob ihnen mit § 28, Abs. 1, S. 3 nicht ein kleines Hintertürchen geöffnet wird. Demnach ist die Datenerhebung und –verarbeitung zulässig, wenn die Daten allgemein zulässig sind. Ist dies bei Facebook nicht der Fall? Doch Vorsicht: Informationen, die nur unter Einschränkungen verfügbar sind, z.B. nur von angemeldeten Nutzern eingesehen werden können, gelten nicht als öffentlich zugänglich. Manche soziale Netzwerke wünschen auch explizit keine kommerzielle Nutzung und untersagen diese in ihren Nutzungsbedingungen. Damit entfällt der durchaus gut gemeinte Gedanke, man könnte über soziale Netzwerke die Vorlieben der Kunden eruieren und ihnen entsprechende „Goodies“ zukommen lassen, es sei denn man hat die Einwilligung des Kunden vorliegen.

In dem vorliegenden Gesetzesentwurf für den Arbeitnehmerdatenschutz deutet sich auch an, dass sich der Gesetzgeber der nicht unwichtigen Frage stellt, ob man nicht eine Differenzierung zwischen privaten Netzwerken wie Facebook und beruflichen Netzwerken vornimmt. So sieht der die Novellierung bei § 32 künftig vor „ Bei Daten aus sozialen Netzwerken, die der elektronischen Kommunikation dienen, überwiegt das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten; dies gilt nicht für soziale Netzwerke, die zur Darstellung der beruflichen Qualifikation ihrer Mitglieder bestimmt sind. Ob diese Gesetzesänderung in Zukunft auch auf die Kundenansprache via Xing oder LinkedIn übertragen werden kann, bleibt offen. Offen bleibt leider auch die Frage, ob –angesichts der Tatsache, dass Inkassobüros auf Daten des Einwohnermeldeamtes zurückgreifen dürfen – via sozialen Netzwerken der neue Wohnort recherchiert werden kann. Hier gibt es noch keinen Präzedenzfall – und keine Rechtssicherheit. Der beste Weg zum Kunden Die Ausbreitung von sozialen Netzwerken hat das Machtverhältnis zwischen Anbieter und Kunden deutlich verändert.

Sahen sich früher Verbraucher einem schlechten Service ausgesetzt, so blieb ihnen wenn überhaupt nur der Gang zum Gericht. Heute haben Bewertungsforen, Blogs, Twitter den Verbrauchern ein immenses Sprachrohr verschafft, mit dem sich Unternehmen, besonders im Bereich Verkauf und Kundenservice gegenübersehen. Gefürchtet ist der „Shitstorm“, eine Lawine der schlechten Bewertungen, die über ein Unternehmen hereinbrechen kann. Grundsätzlich kann ein Unternehmen nicht verhindern, dass es in Bewertungsforen bewertet wird, doch bezüglich der Art und Weise haben Gerichtsurteile durchaus Grenzen gesetzt. So hat ein Kunde das Recht, sich in einem Bewertungsforum über ein defekt geliefertes Gerät zu beschweren, allerdings nur dann, wenn der Käufer dem Verkäufer diesen Mangel vorher auch mitgeteilt hat und diesem so die Chance geben, den Mangel auch zu beseitigen. Eine Bewertung darf dann auch nicht den Charakter einer generellen Warnung vor Geschäften mit dem Verkäufer haben, ebenso unzulässig sind Schmähkritik und Beleidigungen.

Auch wenn der BGH in einem Urteil festhielt, dass der Persönlichkeitsschutz im beruflichen Bereich anders zu bewerten ist als im privaten. Bewertungen, gilt auch hier, dass die Bewertung anhand sachlicher Kriterien erfolgte. Dulden müssen Sie als Unternehmen also nicht alles – der Durchgriff auf den Verursacher gestaltet sich allerdings nicht ganz so einfach. Betreiber von Bewertungsplattformen sind gesetzlich weder verpflichtet, selbst nach negativen Einträgen zu suchen und auch nicht, einem schlecht bewerteten Unternehmen Auskunft über Name des Nutzers zu geben. Dies geht nur, wenn entweder die Einwilligung des Nutzers oder eine gesetzliche Grundlage vorliegt. Auch sind Portalbetreiber nicht verpflichtet, die Richtigkeit der abgegebenen Bewertungen vor deren Veröffentlichung zu überprüfen. Kann ein betroffenes Unternehmen nachweisen, dass die Bewertung nicht der Wahrheit entspricht und informiert den Seitenbetreiber, dann ist dieser verpflichtet, den Sachverhalt zu prüfen und den Eintrag auch zu löschen. Tut er das nicht, dann haftet er im Rahmen der „Mitstörerhaftung“.

Dies gilt natürlich auch für Unternehmen, die im Rahmen von sozialen Netzwerken Foren, Blogs u.a. zur Kundenbindung betreiben. Hilfreich ist hier sicherlich, dass Gericht den Unternehmen ein „virtuelles Hausrecht“ zubilligen – gerade weil ein Haftungsrisiko besteht, haben Forenbetreiber die Möglichkeit Beiträge zu löschen oder den Teilnehmer zeitweise oder dauerhaft von der Nutzung auszuschließen. Soweit die Theorie, die natürlich auch umgekehrt für Contact Center gilt, die im Rahmen von sozialen Netzwerken. In der Praxis erweist sich das gerichtliche Vorgehen oft als schwierig. Abgesehen von der Problematik, dass auf ein außerhalb Deutschlands ansässiges soziales Netzwerke schlecht zugegriffen werden kann, stehen besteht die größte Schwierigkeit eher darin, angemessen auf die Kritik zu reagieren, die in sozialen Netzwerken sehr plötzlich ungeahnte Dimensionen annehmen kann und leider immer wieder in einer Tonart erfolgt, die – milde ausgedrückt – unangemessen ist. Den Versuch, sich in einem Forum mit gefakten Kundenmeinungen positiv darzustellen, sollte man tunlichst unterlassen. Dies verstößt eindeutig gegen geltendes Gesetz (hier: UWG), ebenso wie der Versuch, Blogger für werbende Beiträge zu bezahlen (hier: TMG). Der richtige Umgang mit miesen Bewertungen Statt sich auf zweifelhafte Methoden zurückzugreifen, sollten Unternehmen mit der geäußerten Kritik konstruktiv umgehen.

Denn hinter schlechten Bewertungen und/oder einem „Shitstorm“ steht ein Kunde, der in der Tat schlechte Erfahrungen mit dem Produkt oder der Dienstleistung, seine Kritik hilft Ihnen, Missstände im Unternehmen aufzudecken und zu beseitigen. Folgende Grundregeln sollten Unternehmen im Umgang mit dem Shitstorm beachten:

– Reagieren Sie schnell – im Internet erwarten User Rückmeldungen innerhalb von einer Stunde. Je schneller Sie reagieren, umso mehr vermeiden Sie auch, dass eine schlechte Kritik unkontrolliert weitere Negativ-Kommentare nach sich zieht.

– Leugnen Sie den Missstand nicht grundsätzlich, sondern signalisieren Sie, dass Sie ihn ernst nehmen. – Seien Sie authentisch und ehrlich. Wenn Sie einen Produktfehler nicht auf die Schnelle beheben können oder Sie (zu Recht) die geäußerte Kritik verifizieren möchten, dann schreiben Sie dies auch.

– Auf Worten müssen Taten folgen – wie bei anderen Beschwerden auch, erwarten Nutzer, dass sich – vorausgesetzt, die Kritik ist berechtigt, – der Missstand bereinigt wird.

– Wenn sich tatsächlich das Ausmaß der Kritik überhandnimmt, dann richten Sie eine eigene Hilfeseite oder einen Blog ein und versuchen Sie so den sich aufbauenden „Shitstorm“ zu kanalisieren.

– Investieren Sie in ein gutes Web Monitoring – gerade wenn Ihnen ein rauer Wind entgegen weht. Fehlen hier die eigenen, personellen Ressourcen, kann dies auch von einem spezialisierten Anbieter geleistet werden

– Engagieren Sie ggf. eine professionelle Social-Media-Agentur, die den Markt und die Situation kennt. Der Schaden, der entsteht, weil Sie nicht schnell und professionell auf den „Shitstorm“ reagieren, kostet Sie mehr.

– Schulen Sie Ihre Mitarbeiter mit Kritik in den Sozialen Medien genauso besonnen und konstruktiv umzugehen wie mit Kritik, die am Telefon geäußert wird, auch wenn dies angesichts des mehr als lockeren Umgangston in Netz schwierig ist.

– Formulieren Sie „Social Media Guidelines“ und verpflichten Sie Ihre Mitarbeiter auf die Einhaltung dieser Richtlinien! In diesen Richtlinien sollte geregelt sein:

• Welche Mitarbeiter betroffen sind (inklusive z.B. Praktikanten…)

• Welche Sozialen Netzwerke betroffen sind

• Zentraler Ansprechpartner für Social Media im Unternehmen

• Der Vorbehalt der Geschäftsführung, in sozialen Medien für das Unternehmen zu sprechen

• Verpflichtung des Mitarbeiters, eigene Beiträge als solche zu kennzeichnen

• Verschwiegenheit bezüglich Unternehmensinterna

• Nutzung von sozialen Medien während der Arbeitszeit

Verhaltensregeln, sowohl von allgemein üblichen Höflichkeitsregeln wie speziell für Sozialen Medien geltende Regeln (z.B. Hausregeln der jeweiligen Community)

Große Chancen

Bei allen Unsicherheiten: gerade für den Vertrieb und Kundenservice bieten soziale Netzwerke wie kein anderes Medium die Möglichkeit, einen 1:1 Kontakt mit den Kunden aufzubauen und mit Empfehlungen und Bewertungen bestehende Beziehungen stärken. Stimmungen und Meinungen seitens der Kunden können unverfälscht – ohne den Einsatz einer groß angelegten Marktforschung – abgefragt werden und konstruktiv für eine Verbesserung von Produkten und Service genutzt werden. Einen großen Vorteil haben gerade Contact Center: ihre Mitarbeiter sind jung und kennen sich mit den Möglichkeiten von sozialen Medien aus. Gerade dieses Potenzial können die Führungskräfte beim Aufbau ihres Social Media Präsenz bestens nutzen. Auch die Vielzahl von Gesetzen, Richtlinien und Ausgestaltungen sollte als Chance begriffen werden: gerade der Mangel an gesetzlichen Grundlagen hatte in der Vergangenheit bei der Durchführung von Direktmarketingkampagnen zu einem sorglosen Umgang mit diesen Medien geführt, was die Verbraucher eher abstieß als begeisterte. Mit einer gesetzeskonformen Gestaltung der Kundenansprache und einer seriösen Kommunikation in den sozialen Medien können Contact Centern klar gewinnen.