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Die Corona-Warn-App geht aus Datenschutzgründen nicht? Doch!

Jörg Fecke

Veröffentlicht am 16.06.2020 von Jörg Fecke

Fragen wie „Lohnt die Corona-Warn-App überhaupt?“, „Kommt die nicht viel zu spät? Das Schlimmste haben wir doch inzwischen hinter uns!“ oder „Ist das nicht rausgeschmissenes Geld?“ sind fehl am Platz. Die Ruhe ist trügerisch. Covid-19 ist nicht verschwunden, auch wenn wir uns das manchmal einreden wollen. Ein Impfstoff ist nicht in Sicht. In einigen Gemeinden steigt die Zahl der Infizierten wieder signifikant. Regelmäßig kommt es zu Infektionsausbrüchen. Oftmals müssen hunderte Bürger in die Quarantäne. Es gibt also gute Gründe Infektionsherde so schnell wie möglich zu lokalisieren, zu begrenzen und gleichzeitig das Recht der Bürger nach dem Schutz ihrer persönlichen Daten nicht zu vernachlässigen.

Datenschutz zentraler Aspekt für erfolgreiche Corona-Warn-App

Darum ist heute ein guter Tag. Viele haben nach den Streitigkeiten und der 180°-Wende bezüglich der Datenspeicherung schon nicht mehr damit gerechnet. Danach sah es lange Zeit nicht aus, denn die Entwicklung der App brachte einige Herausforderungen mit sich. Zunächst hat die Bundesregierung den Ansatz PEPP-PT, also die zentrale Speicherung der Daten, verfolgt. Das ließ nicht nur Datenschützer aufhorchen, sondern erzeugte unter den Entwicklern auch einen handfesten Streit. Aus Protest haben sich hunderte Entwickler von dem Projekt verabschiedet. Schließlich hat der Protest gewirkt. Herausgekommen ist ein Produkt, welches einen Beitrag zur Kontrolle der Pandemie leisten und dabei die Belange und Rechte des Individuums berücksichtigen kann. „Aus Sicht des Datenschutzes sehe ich keinen Grund, der gegen die Installation der App spricht, ich sehe aber noch Schwachstellen“, so der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) Prof. Ulrich Kelber. Dass der BfDI weniger die App als die Hotline der Telekom dabei als Schwachstelle ausgemacht hat, sagt viel über das Datenschutzlevel der App aus. Jedoch auch darüber, dass Datenschutz in solchen Projekten ganzheitlich gedacht und berücksichtigt werden muss.

Aus Fehlern gelernt

Die Kehrtwende zur dezentralen Datenspeicherung kostete zwar Zeit, erzeugt aber auch die dringend notwendige Akzeptanz. Umfragen haben schnell den Hauptgrund für eine Nicht-Installation der App herauskristallisiert: Die Angst vor Datenmissbrauch und den Verlust der informationellen Selbstbestimmung. „Durch die Dezentralität und Datensparsamkeit wird das Risiko stark minimiert.“, so Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs. Zahlreiche IT-Experten und Datenschützer haben die neue App umfassend auf Schwächen getestet und das Ergebnis ist zufriedenstellend, das allein ist als Erfolg zu werten. Mit einem öffentlichen Quellcode geht die Bundesregierung einen transparenten Weg. Der ist auch dringend notwendig, nur so lässt sich die Akzeptanz für die App signifikant erhöhen, nur so laden sich die Menschen die App freiwillig auf ihr Smartphone.

Freiwilligkeit ist ein zentraler Wesenszug der App. Das ist wichtig und gut. Jeder soll selbst entscheiden, ob die App installiert wird oder nicht. Wer, wie einige Politiker, Steuervorteile oder Vorzugsbehandlung in Restaurants fordert, hat einen wesentlichen Aspekt des Grundrechtes Datenschutz nicht verstanden: Die informationelle Selbstbestimmung muss selbstbestimmt bleiben.

Kein Wundermittel

Wird jetzt alles wieder gut? Machen wir uns nichts vor: Die Corona-Warn-App ist nicht das Allheilmittel gegen Covid-19. Die App schützt den User nicht vor Covid-19. Die App dient lediglich zum Informationsaustausch. Eine infizierte Person kann via App andere über seine Infektion informieren, anonym. So gelingt ein hohes Maß am Schutz der eigenen Daten und gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung der Pandemie. Bisher liegt es einzig an den mit der Situation oftmals überforderten kommunalen Gesundheitsämtern Infektionsketten nachzuvollziehen. Unterstützung ist hier dringend geboten und die kann die App sehr wohl leisten.

Vorausgesetzt, dass möglichst viele die App auf ihrem Smartphone installieren. Nur dann kann sie auch eine Wirkung erzielen. Viele sind von vornherein ausgeschlossen. Sei es, weil sie schlicht kein Smartphone nutzen, das betrifft nicht zuletzt die Risikogruppe der älteren Generation. Sei es, weil Smartphones bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen. Apple-Nutzer müssen mindestens das i-Phone 6s in der Hand halten. Ältere Modelle sind zwar nach wie vor millionenfach im Umlauf, für die Nutzung der App aber ausgeschlossen. Um so wichtiger, dass möglichst viele von denen die technisch dazu in der Lage sind auch mitmachen.

Wenn wir den Spagat zwischen möglichst geringen Ansteckungsraten, einem möglichst normalen Alltag und einem möglichst hohem Datenschutzlevel schaffen wollen, dann sind wir auf jedes Hilfsmittel angewiesen.